Die Rose – Über den Mut, aufrichtig zu seinen Wahrnehmungen zu stehen

„Aufrichtigkeit ist wahrscheinlich die verwegenste Form der Tapferkeit“

William Somerset Maugham

Eine junge Frau spürte plötzlich tief in Ihrem Innern den Impuls, ihrem Partner eine Rose zu schenken.

Schon seit langem hatte sie immer wieder zweifelnd über ihre Beziehung nachgedacht. Sie war an Depression erkrankt. Ist dieser wiederkehrende Wunsch nach Trennung Teil der Depression oder ein von ihr ernst zu nehmendes Bedürfnis?

Sie entschied zunächst, sich um ihre Beziehung zu sich selbst zu kümmern. Denn es ist besser, eine Entscheidung aus dem inneren Gefühl der Zufriedenheit und Erfülltheit zu treffen, als aus einem Gefühl der inneren Leere und Bedürftigkeit.

Sie entwickelte sich weiter, empfand in sich immer mehr Selbstvertrauen, genoss Zeiten mit sich allein und erfuhr Positives, wenn sie sich, anstatt alles mit sich allein auszumachen, anderen anvertraute. So redete sie mit ihrem Partner offen über ihre Gefühle und Wünsche. Sie erlebte von seiner Seite in gewisser Weise eine Bewegung in ihre Richtung und entwickelte Zuversicht für einen weiteren gemeinsamen Weg.

Sie möchte ihm mit einer Rose danken, um ihm zu zeigen, dass sie Liebe für ihn empfindet. Doch es geschah etwas für sie völlig Unerwartetes und Beängstigendes. Bei dem Satz „Ich liebe Dich.“ spürte sie nichts mehr. Sie empfand diese Liebe nicht mehr.

Sie nahm sich Zeit, um sich selbst über ihre unerwartete, aber in der Vergangenheit immer wiederkehrende Wahrnehmung, im Klaren zu werden. Danach fasste sie allen Mut zusammen und redete aufrichtig mit ihrem Partner über ihre Empfindungen.

Sie bemerkte, dass sie sich über längere Zeit etwas vorgemacht, sich selbst belogen hatte, aus Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen und es nicht alleine zu schaffen. So war es leichter für sie, die Beziehung einfach weiterlaufen zu lassen, in ihrer Komfortzone zu bleiben. Sie hat darauf gehofft, dass sich ihr Partner in ihre Richtung verändert, damit sie sich endlich wohlfühlen kann. Doch ihre Zweifel und Trennungswünsche klopften immer wieder an ihre Haustür mit der Aufforderung, sich damit auseinanderzusetzen.

Aufrichtigkeit in Beziehungen

Es geht darum, aufrichtig zu sich selbst zu sein, sich immer wieder die Frage zu stellen:  Wie fühle ich mich in dieser Beziehung?

Es geht darum zu beobachten und offen mit dem Partner das Gespräch zu suchen, so dass auch er die Chance hat, sich zu reflektieren und sich klar zu werden, was ihm wichtig ist.

Aufrichtigkeit gegenüber sich selbst und andere zeugt von Mut und Tapferkeit, weil sie unabdinglich das Treffen von Entscheidungen nach sich zieht, teilweise mit weitreichenden Konsequenzen und Veränderungen für das Leben.

Oft spürt man in solchen Momenten die eigenen, scheinbar unüberwindbaren Grenzen. Sich in unbekannte Gewässer zu begeben, wo man das, was kommt, noch nicht kennt, kann sehr starke, begrenzende Ängste auslösen. Aber die Akzeptanz eben dieser Ängste und das Treffen ehrlicher Entscheidungen führen zum Wachstum des eigenen Selbstvertrauens, des Gefühls der inneren Sicherheit und Freiheit.

Wegschauen, alles beim Alten zu lassen, schafft gefühlte kurzfristige Erleichterung, die wir langfristig mit einem hohen Preis bezahlen, mit Energie- und Kraftverlust, anhaltender innerer Unzufriedenheit und Leere.

Selbsterkenntnis

Diese Geschichte zeigt, dass das, was wir beabsichtigen, uns überraschend auf ganz andere Wege führen kann. Es erfordert Aufrichtigkeit und Mut, diesem, oftmals nicht immer logisch nachvollziehbaren Pfad zu folgen, den gewohnten Weg zu verlassen, den Weg der Illusion und des Selbstbetruges zu erkennen und loszulassen.

Das angedachte Liebesbekenntnis zum Partner wurde plötzlich zu einem Bekenntnis der Liebe zu sich selbst. Es ist langfristig befreiend und erfüllend, zur eigenen Wahrnehmung zu stehen, auch wenn dies mit Schmerz und Verlust verbunden ist.

So verkörpert auch die blütenprächtige Rose mit ihren Dornen das Leben, welches durch die sich stets verändernde  Balance aus Liebe und Schmerz immer wieder neu geboren wird.











„Der Schmetterling“ – Warum Helfen nicht nur Segen, sondern auch Fluch sein kann

Geschichte

„Ein Mann entdeckte in seinem Garten einen Schmetterlingskokon. Fasziniert beobachtete er, wie sich ein kleines Loch öffnete und allmählich die Fühler des Insekts hervorkamen. Mehrere Stunden lang versuchte der Schmetterling sich heraus zu kämpfen. Doch irgendwann gab er auf.
Aus Mitgefühl entschied der Mann, das kleine Wesen nicht seinem Schicksal zu überlassen. Mit einer Schere vergrößerte er vorsichtig die Öffnung und der Schmetterling krabbelte mit Leichtigkeit aus dem Kokon. Doch seine Flügel waren klein und schrumpelig und sein Körper geschwollen. Er konnte nicht fliegen.“
Beim Lesen dieser Geschichte fiel mir die tiefe, bittere Erkenntnis einer Patientin ein: „Ich habe meine Tochter lebensunfähig erzogen. Ich habe ihr alles abnehmen wollen. Ich wollte, dass es ihr besser geht als mir. Ich habe schon als kleines Kind viel zu schwere Aufgaben übernehmen müssen, die mich einfach überforderten und in mir Hilflosigkeit und Überforderung ausgelöst haben. Ich wollte nicht, dass sie sich so fühlt wie ich damals.“

 

„Fluch“ des Helfens

Der Mann, sowie meine Patientin hatten mit ihrem Hilfsangebot die besten Absichten. In diesem Fall ist ihre Hilfe jedoch ein „Fluch“. Beide greifen ungefragt bzw. im großen Maße in den natürlichen Entwicklungsweg ihres Gegenübers ein und nehmen ihm die Chance, psychische und körperliche Muskeln zu entwickeln, um als erwachsenes Wesen eigenständig ihr Leben zu meistern. Sie halten ihr Gegenüber dadurch klein und abhängig. Sie vertrauen ihm nicht, dass es in der Lage ist, schwierige Situationen, Widerstände aushalten und lösen zu können. Vielleicht, weil sie aus eigenen Erfahrungen in Kindheit und Jugend viel Hilflosigkeit und Überforderung erlebten und entsprechend nicht genug Selbstvertrauen entwickeln konnten.

 

Motive

Wie bei allen Dingen im Leben macht auch beim Helfen die Dosis das Gift. Das Zuviel oder Zuwenig des Helfenden sagt mehr über ihn selbst aus als über denjenigen, dem geholfen wird. Es gibt viele Motive, die einen dazu bewegen können, ohne Auftrag und / oder ungeachtet der eigenen Grenzen zu helfen. Hier ein kleiner Auszug:

  • Projektion der eigenen Hilflosigkeits-Erfahrungen auf den anderen, obwohl dieser sich gar nicht hilflos fühlt
  • Wahrgenommen, anerkannt und wertgeschätzt zu werden bei zu geringem Selbstwertgefühl
  • Bindungssicherung – „Nur wenn ich etwas tue, helfe, gehöre ich dazu, schaffe Sicherheit, werde geliebt.“
  • Prokrastination „Verschieberitis“- Sich im Übermaß um andere kümmern, um aus Versagensangst, Perfektionismus oder anderen Beweggründen nicht die eigenen Dinge in Angriff nehmen zu müssen

 

Ausweg

Deshalb ist es wichtig, sich immer wieder selbst zu reflektieren. Welches Motiv habe ich?  Verantwortung beginnt mit Eigenverantwortung, mit dem Anspruch, ein kompetenter Helfer, anstatt ein hilfloser Helfer zu sein. Dazu bedarf es Fertigkeiten des einfühlsamen und achtsamen Erkennens eigener Grenzen, des Nein –  Sagen – Lernens aus Liebe zu sich selbst und Vertrauen und Liebe zum Anderen. Bis zu welchem Punkt kann ich helfen? Habe ich überhaupt einen Auftrag vom anderen? Dadurch gebe ich mir  selbst Raum, Entlastung und Kontrolle in meinem eigenen Leben und das Gefühl, selbstbestimmt zu sein. Ich begegne dem anderen auf Augenhöhe und demonstriere ihm den Respekt und das Vertrauen in seine Fähigkeiten. Ich helfe ihm auf diese Weise, Herausforderungen anzunehmen und fliegen zu lernen.

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Freiheit – Trainiere Deine Entscheidungsfähigkeit!

„Viel mehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.“  – Joanne K. Rowling –

Es gibt Menschen, die können sich wunderbar schnell entscheiden. Andere tun sich dagegen sehr schwer. Sie wägen alles hundertmal ab, holen sich unzählige Meinungen anderer ein und werden dabei noch unsicherer. Dies führt dazu, dass sie das zu entscheidende Thema vor sich herschieben, alles beim Alten lassen oder einfach die Entscheidung einem anderen überlassen oder dessen Entscheidung übernehmen. Dies führt nicht selten dazu, dass sie sich selbst im Verlauf ihres Lebens zunehmend verlieren und fremdbestimmt, nicht in Freiheit, sondern wie in einem Gefängnis leben. Dieses Gefängnis kann sich in Form von psychischen und körperlichen Symptomen zeigen, z.B. innere Leere, Schwere, Erschöpfung, Minderwertigkeit, Ängste, Zwänge, Rückenschmerzen, Magen-, Darmbeschwerden.

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