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Ärztliche Psychotherapiepraxis Hamburg - Viola Rescher

Schlagwort: Schicksalsschläge

Perspektivwechsel – In jedem negativen Erlebnis liegt auch ein verborgenes Geschenk

„Es sind nicht die Dinge an sich, die uns beunruhigen, sondern die Bedeutung, die wir ihnen geben.“

Manchmal muss man tief und lange nach dem Geschenk suchen, das in einem negativen Erlebnis verborgen liegt. Erst mit genügend emotionalem Abstand zum Geschehenen wird es erkennbar. Leider ist es so, dass besonders negative Erfahrungen unsere Selbsterkenntnis fördern und damit unser Bewusstsein „Wer bin ich? Wie ticke ich? Was will ich im Leben?“  erweitern.

 

Wie ein tief verdrängter Herzenswunsch durch ein traumatisches Erlebnis wieder lebendig wurde

Eine Klientin, in Mitteldeutschland lebend, wurde mit ihrem Baby 12:00 Uhr mittags nach dem Einkaufen auf dem Nachhauseweg Opfer eines Raubüberfalles. Beide sind zum Glück weitgehend unbeschadet davon gekommen. Es hat die Klientin merklich beruhigt, dass sie über den Vorfall im Rahmen unserer telefonischen Beratung sprechen konnte. Auch war es wichtig, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, sich Sicherheit und Geborgenheit zu geben. Eine gute Idee war, zu ihren Eltern nach Bayern zu fahren und einfach über das Geschehene zu berichten. Auch beruhigte sie die Tatsache, das es völlig natürlich ist, sich so kurz nach dem traumatischen Ereignis bis maximal 4 Wochen emotional aufgewühlt zu fühlen, die Bilder des Überfalles noch immer vor Augen zu haben.

Nach 8 Tagen meldete sich die Klientin wieder bei mir. Ihr ging es deutlich besser. So bestand kein Anhalt für eine Trauma – Folgestörung. Im Gespräch konnte eruiert werden, dass ihr durch den Überfall die Endlichkeit ihres Lebens bewusst geworden war und dadurch plötzlich ein lang verdrängter Wunsch wieder lebendig wurde. In Tränen der Befreiung offenbarte sie mir ihren Herzenswunsch, mit ihrer Familie nach Bayern zu ihren Eltern zu ziehen, da sie ein Familienmensch sei und sie sich auch nicht vorstellen könne, dort wo sie jetzt lebe, ewig zu leben.

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Akzeptanz

Zunächst war es wichtig, die Symptome nach dem Raubüberfall (Angst, Bilder, Intrusionen, Übererregbarkeit) als etwas Natürliches zu akzeptieren. Die Klientin berichtete, dass besonders ihr Umfeld ihre Angst noch verstärkt habe, in dem es sofort eine schwere psychische Störung dahinter vermutete, die einer Krankenhauseinweisung bedarf. Dadurch bekam die Klientin Angst vor der Angst. Angst vor ihren  natürlichen psychischen Reaktionen, die ein Hinweis darauf sind, dass ihr Körper das Trauma verarbeitet.

 

Perspektivwechsel

Sehr heilsam war es, das Geschehene aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, dem Geschehenen einen anderen Sinn, einen anderen Rahmen zu geben. Dieser Rahmen kann das bisherige Leben sein. Wie gehe ich mit meinen Werten, Bedürfnissen, Träumen, Wünschen um? In welchem Maße gebe ich mir in meinem eigenen Leben Raum? Durch den Raubüberfall wurde der Klientin die Endlichkeit ihres eigenen Lebens bewusst. Er rüttelte ihr geordnetes, scheinbar sicheres und angepasstes Alltagsgefüge durcheinander und brachte ihren lang verdrängten Herzenswunsch intensiv zum Vorschein. Sie erkannte, dass sie im erhöhten Maße dazu neigt, eigene Bedürfnisse und Wünsche zu Gunsten anderer zurückzunehmen.

 

Das verborgene Geschenk

Ihr erlangtes tieferes Bewusstsein für den Wert und den Sinn ihres eigenen Lebens gibt ihr die Kraft und die Erlaubnis, ab jetzt für sich selbst verantwortungsvoller und mit gutem Gewissen einzustehen.