Es heißt, das Unterbewusstsein findet in unseren Träumen eine Möglichkeit, all unsere Konflikte und Gefühle auszudrücken, die tief in uns schlummern – wenn man sie bloß verstehen würde!
Fallbeispiel
Ein Patient erzählte mir in unserer Sitzung von seinem „Durchbruch-Erlebnis“. Er hatte einen Traum.
Die Mutter hatte Kaffeebohnen gemahlen. Einige davon blieben als ganze Bohnen übrig. Der Patient schlug vor, die verbleibenden Bohnen ebenfalls zu mahlen. Sein cholerischer Vater reagierte auf seinen Vorschlag wie so häufig ungehalten aggressiv. Der Patient merkte, wie auch in ihm Anspannung aufsteigt. „Vater, warum bist Du nur so?“ kam es erstmals über seine Lippen und er gabt ihm Beispiele, wie andere „normale“ Väter reagieren würden. Wütend und traurig verließ er anschließend den Raum.
Was will mir mein Traum sagen?
Er erwachte weinend aus seinem Traum. 20 min Weinen – für ihn höchst ungewöhnlich. Endlich könne er diese für ihn befreiende Traurigkeit spüren und bewusst zulassen. Ihm wurde klar, dass er sich immer eine liebevolle Beziehung zu seinem Vater gewünscht habe. Eine Beziehung, in der er respektvoll wahrgenommen und liebevoll behandelt wird. Diese habe er aber so nie erlebt. Auch erkannte er eine weitere wichtige Botschaft seines Traumes. All seine Ideen wurden durch das Verhalten seines Vaters im Keime erstickt, schlecht gemacht, noch bevor sie richtig Gestalt annehmen konnten. So machte mein Patient schon früh beengende und entwertende, von Hilflosigkeit geprägte Beziehungserfahrungen und nahm diese als Erwachsener unbewusst mit in seine Partnerschaften. In diesen entwickelte er bei zunehmender Nähe regelmäßig unangemessen starke Bindungsängste „Ich bin nicht genug. Ich werde eingeengt.“ Regelmäßige Beziehungsabbrüche aus Selbstschutz waren die Folge.
Heilende Traumwirkungen
- Aktivierung einer über viele Jahre verdrängten, heilsamen Trauer darüber, dass er als kleines Kind und Jugendlicher stetig in seinem Sein aggressiv übergangen wurde
- Entwicklung eines gefühlten Verständnisses für die Wurzeln seiner starken Bindungsängste, seines geringen Selbstwertes und Selbstvertrauens
Umsetzung der Traumbotschaften im Alltag
Durch diese gewonnene innere Klarheit traf mein Patient eine tiefe bewusste Entscheidung hinsichtlich der Beziehungsgestaltung zu seinem Vater und anderen nahen Personen:
- Ich darf mich nahe stehenden Personen gegenüber abgrenzen und diese in ihre Grenzen weisen. Ich erlebe dadurch Selbstkontrolle und Freiheit in engen Beziehungen.
- Weinen in Verbindung mit gefühlter Selbsterkenntnis ist entlastend und befreiend